Spreewälder Original – Mit Spreewaldfotograf Peter Becker unterwegs

Spreewälder Original – Mit Spreewaldfotograf Peter Becker unterwegs Single
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Peter Becker, Lehrer im Ruhestand, Autor, freier Journalist, leidenschaftlicher Fotograf und eines unserer Spreewälder Originale. Er ist einer, der sich im Spreewald besonders gut auskennt. Mit Kamera, Stift und Zettel bewaffnet, veröffentlichte er bereits 8 Bücher über den Spreewald mit seinen Menschen und Geschichten. Im Interview mit Urlaubsreich-Autorin Jessica verrät er, wie er dazu gekommen ist und gibt Tipps, welche Orte Sie während Ihres Spreewaldurlaubs unbedingt gesehen bzw. fotografiert haben müssen.
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Aufgewachsen sind Sie in der Oberlausitz, wann und wie kamen Sie in den Spreewald?

Becker: Nach meiner Armeezeit ging es erst einmal zum Lehrer-Studium nach Berlin. Nach dem Abschluss wurden wir, wie damals üblich, als Absolventen eingesetzt. Die Schulräte kamen zur sogenannten Absolventenlenkung an die Uni. Bei mir war es so, dass ich den Spreewald schon immer mochte. Ich kannte ihn durch frühere Ausflüge und fand ihn einfach schön. Als ein Schulrat aus Calau dann nach einem Lehrer suchte und fragte, ob ich Lust auf diese Stelle hätte, da habe ich ja gesagt. Ich war 2 Jahre lang Lehrer und wechselte dann auf eine andere Schule in Vetschau. Dort wurde ich später Schulleiter.

Auch wenn Sie nicht hier geboren sind, widmen Sie doch Ihre Zeit dem Spreewald mit seiner Geschichte und den Menschen, die darin leben. Wie sind Sie dazu gekommen?

Meistens stehen bei solchen Dingen Provokationen am Anfang. Man war immer ein Fremder im Spreewald und es hieß oft: „Du bist ja nicht von hier, du kannst das ja alles nicht wissen“. Da hab ich mir gedacht: „Es muss ja möglich sein, dass man sich mit der Geschichte der Gegend vertraut macht.“ So habe ich erst einmal gelesen und mich dem Thema genähert. Ich habe dabei auch Menschen angesprochen und kennengelernt. Habe mit ihnen gesprochen und sie erzählten mir ihre Geschichten. Ich schrieb sie auf. Das hat sich einfach so ergeben. Dadurch ist später das Buch „Die Spreewälder“ entstanden. Hier werden 50 dieser Geschichten erzählt. Auf meiner Website Spreewaldoriginale.de sind es 150 solcher Portraits. Zu dieser Zeit fing ich an, auch für die Tageszeitung LAUSITZER RUNDSCHAU über die Spreewälder Originale zu schreiben. Ich beschäftigte mich aber nicht nur mit Personen, sondern auch mit Orten, wie der alten Mühle in Raddusch oder den vermeintlich ältesten Wirtshäusern im Spreewald. Aus einer Geschichte ergab sich meist eine Nächste. Daraus sind später meine insgesamt acht verschiedenen Bücher, teilweise mit den Co-Autoren Peter Franke und Bernd Marx, über den Spreewald entstanden. Die jährlich erscheinenden Fotokunstkalender mit Spreewaldmotiven sind inzwischen sehr beliebt geworden. Ich hatte all diese Dinge nicht geplant, es hat sich einfach so ergeben. Irgendwann wurde es dann zu meiner liebsten Freizeitbeschäftigung, noch neben der Arbeit als Lehrer. Aber es hat mir immer Spaß gemacht. Eine Arbeit ist keine Arbeit mehr, wenn sie Spaß macht. Wenn sie zur Last wird, kommt man nicht voran.

Unter Ihren Büchern ist auch ein Bildband mit Fotos der verschiedenen Jahreszeiten im Spreewald. In welcher Jahreszeit erleben Sie die Region besonders faszinierend?

Im Winter. In dieser Jahreszeit ist es ruhig im Spreewald. Der Winter strahlt eine Stille aus, die man sonst im ganzen Jahr nicht findet. Alle anderen Jahreszeiten sind immer irgendwie unruhig. Der Winter hat was. Außerdem ist es auch eine schöne Jahreszeit zum Fotografieren. Es ist hell und man erkennt Strukturen, weil das Licht überall heran kommt. Und im Winter findet das wahre Traditionsleben statt, wie Zampern und Zapust.

Bleiben wir bei den Jahreszeiten. Welche Motive sind im Sommer die schönsten?

Wenn man im Sommer hier ist, sollte man sich unbedingt einen Kahnkorso anschauen und gerne auch fotografieren. Die Kähne sind oft so gestaltet, dass man traditionelle Tätigkeiten von früher sieht. Sie sind mit Heu oder Mist beladen oder man sieht die Feuerwehr, wie sie früher mit dem Kahn durch die Fließe fuhr. Auch die Gurkenernte ist im Sommer interessant. Motive zum Fotografieren sind außerdem Kornblumen, Heuschober oder auch die Störche auf den Wiesen.

Haben Sie auch einen Tipp für unsere Leser, wie sie schöne Spreewaldmotive selber einfangen können?

Für mich ist es schwierig allgemeine Tipps zu geben. Man muss sich immer jedes Motiv einzeln anschauen. Wie sind die Lichtverhältnisse, was soll auf dem Foto zu sehen sein. Deshalb gebe ich auch Fotokurse.

Peter Becker Tierfotografie

Fotografiewerkstatt mit Peter Becker
Quelle: Peter Becker

Im Allgemeinen lässt sich aber sagen, dass man fast mit allen Geräten schöne Bilder machen kann. An der Lübbener Spreewaldschule leite ich zum Beispiel eine Foto-AG, bei der wir mit den Handys der Schüler fotografieren und zeige, wie selbst damit gute Fotos gemacht werden können. Außerdem ist es immer gut, sein gewohntes Blickfeld, die Augenhöhe, zu verlassen und zum Beispiel aus der Frosch- oder Vogelperspektive zu fotografieren. Ein paar allgemeine „Tipps zum Mitnehmen“ findet man außerdem auf meiner Homepage.

Unter Ihren Bildern sind viele Natur- und Tierbilder. Können Sie unseren Lesern einen Tipp geben, wo man die unberührte Natur im Spreewald erleben kann?

Es fällt mir etwas schwer, konkrete Orte zu nennen, weil ich die Natur schützen und den Fototourismus nicht befördern möchte. Ich habe da auch eine Verantwortung als Fotograf. Ich verrate wohl nicht zu viel, wenn ich sage, dass es im gesamten Spreewald schöne Motive gibt. Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Wer allerdings den ursprünglichen Spreewald betrachten will, ist gut aufgehoben in Lehde, Burg oder Leipe. Wer dort auch die Seitenwege betritt, wird unberührte Natur oder gar alte Spreewaldgehöfte finden.

Und was sollte man bei einem Spreewaldbesuch unbedingt gesehen oder erlebt haben?

Zum Beispiel die Trachtenstickerei mit Korbflechterei der Familie Dziumbla in Burg. Das ist ein Ort, wo man altes Handwerk noch erleben kann. Ich empfehle auch immer gern die Mühle in Straupitz. Dort kann man sich noch anschauen, wie früher die Leinsaat gemahlen und das Leinen hergestellt wurde. Man sieht dabei auch noch die alten Maschinen und kann gleich das fertige Leinöl probieren. Außerdem gibt es noch viele interessante Führungen mit Spreewäldern, die noch erzählen können, wie es früher war. Zum Beispiel mit Marlene Jedro in Leipe oder Manfred Kliche in Raddusch.

Sie setzen sich als Einwohner und Vorsitzender des Tourismusvereins Raddusch sehr für Ihren Ort ein. Warum sollte man dem Spreewaldort einen Besuch abstatten?

In Raddusch ist es noch nicht so überlaufen wie anderswo. Raddusch ist, wenn man so will, immer noch ein Geheimtipp, obwohl auch immer mehr Besucher den Ort für sich entdecken. Wenn man hier in den Kahn steigt, ist man auch in der Hochsaison noch unter sich. Man sieht bei einer Kahntour zur Liebesinsel die Hütte aus dem ZDF-Spreewaldkrimi. Von dort aus kann man gleich weiterfahren zur Buschmühle oder der Dubkowmühle. Das sind ganz abgelegene Orte, die einen Besuch wert sind. Die Slawenburg darf man natürlich nicht unerwähnt lassen. Interessant ist in Raddusch außerdem die Storchenkamera. Sie überträgt live aus dem Nest.

Sie helfen auch bei der Gestaltung des diesjährigen Dorf- und Erntefestes am 9. und 10. September 2017 in Raddusch mit. Können Sie uns schon ein paar Highlights verraten?

Der Kahnkorso ist ein absolutes Highlight. Straßenumzüge gibt es vielerorts, aber so etwas gibt es nur im Spreewald und dieses Jahr auch in Raddusch. Unbedingt zu erwähnen ist auch, was wir künstlerisch vorhaben. Wir haben ja bereits 2 Lehrpfade, den Moorlehrpfad und den historischen Lehrpfad. Gerade sind wir dabei einen dritten einzurichten, den Libellenweg, einen Kunst- und Lehrpfad. Für Kinder wollen wir zum Beispiel große Holzlibellen aufstellen. Dort können sie die Natur durch die Augen einer Libelle sehen. Wir haben auch Künstler angesprochen, die Kunstinstallationen zum Thema Libellen und Natur errichten. Dieser Libellenweg wird am Festwochenende eröffnet.

Lassen Sie uns zum Schluss noch einmal auf Ihre Leidenschaft, die Fotografie zurückkommen. Wie sind Sie eigentlich zu dazu gekommen?

Ich fotografiere schon mein ganzes Leben lang. Meinen ersten Fotoapparat habe ich mit 14 zur Jugendweihe bekommen. Der war noch mit Rollfilm und es passten nur 8 Bilder auf einen Film. Da musste man schon anfangen zu überlegen, fotografiere ich das jetzt oder warte ich lieber auf eine bessere Szene. Und so bin ich ins Fotografieren reingewachsen und habe auch bald in der heimischen Dunkelkammer die Fotos selbst entwickelt. So hat man erst über die Technik verstanden, wie die Fotografie funktioniert. Um etwas Geld zu verdienen, fotografierte ich während meiner Studienzeit für die Zeitung der Humboldt-Universität. Später, als ich 50 geworden bin, schenkte mir meine Frau einen neuen, modernen Fotoapparat. Seitdem widmete ich meinem Hobby wieder mehr Zeit. Eigentlich nahm ich mir damals vor, mich nicht mehr um die Digitalfotografie zu kümmern und „analog“ zu bleiben. Als ich allerdings sah, dass sich dadurch jede Menge neue Möglichkeiten auftaten Fotos zu gestalten und man sogar noch mehr machen konnte als mit der analogen Fotografie, stimmte ich mich selbst um. Seitdem fotografiere ich mit neuer Technik und lerne immer wieder Neues dazu.

Haben Sie ein Lieblingsbild bei Ihren eigenen Fotos und welche Geschichte steckt dahinter?

Es sind oft Tierfotos, bei denen die Geschichten am interessantesten sind. Oft muss man für ein gutes Foto stundenlang im Wald frieren und sich langweilen. Der herausragendste Moment meiner Tierfotografie fand dann folgerichtig auch im Wald statt. Das Ergebnis dieser Situation ist ein Foto, auf dem man einen Hirsch in der Brunftzeit sieht. Was das Foto nicht zeigt ist, dass der Hirsch kurz zuvor mit hohem Tempo direkt auf mich zu marschierte und sich sehr aggressiv verhielt. Ich habe schon überlegt, ob ich weglaufe oder mich vor dem Hirsch „groß“ mache und versuche, ihn irgendwie zu vertreiben. Der Hirsch kam dann 10 Meter vor mir zum Stehen. Glücklicherweise war in diesem Moment sein Nebenbuhler in der Nähe und hat geröhrt. Da machte das Tier kehrt und die beiden haben in der Nähe gekämpft. Im Abstand von 10 Metern durfte ich daneben stehen und Fotos machen. Das war so ein Moment, wo mein Blutdruck mal mächtig in die Höhe ging.

Eines der Lieblingsbilder von Peter Becker und wohl eine seiner gefährlichsten Aufnahmen.
Foto: Peter Becker

 

Tipp der Redaktion:

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