Ein Tag als Kahnfahrtlehrling in Schlepzig

Ein Tag als Kahnfahrtlehrling in Schlepzig Single
Versprochen: Ihre nächste Kahnfahrt im Spreewald wird unser „Urlaubsreich“-Kollege Alexander Mader (noch) nicht durchführen. Auch wenn er bei seinem ersten Einsatz als Kahnfährmann gar nicht so untalentiert gewesen ist. Oder besser gesagt: Zumindest ist er nicht gekentert. Aber lesen Sie selbst …
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Zugegeben, ich bin noch nie mit einem Spreewaldkahn gefahren. Geschweige denn, habe ich einen gelenkt. Aber heute soll‘s sein. „Bei den Profis sieht es ja ganz easy aus“, mache ich mir Mut. Einziges Problem: Ich bin kein Profi. Nicht so wie Yvonne Huber und Jörg Tschirschke, die mich im Großen Hafen Schlepzig in ihren sorbischen Trachten freundlich begrüßen. Kurze Vorstellung: Sie ist hauptberufliche Kahnfährfrau seit 2014, er seit 2016 hauptberuflich
Kahnfährmann. „Wir fahren jedoch schon seit Ewigkeiten“, verrät Yvonne Huber, während wir auf einen Kahn zusteuern.
Das imposante Gefährt misst neun Meter Länge, bietet Platz für bis zu 20 Gäste. Mein heutiger „Trainingsplatz“. Zum Glück sind die 20 Gäste jetzt nicht da.

Solch wunderbare Panoramen kann man bei einer Kahnfahrt durch den Spreewald immer wieder erleben.

Ich bin nämlich schon nervös genug. Aber der Anfang ist garnicht schwer. Vielleicht liegt‘s daran, dass Yvonne Huber den Kahn noch dirigiert. Oder ziemlich sicher sogar. Ich genieße die morgendliche Spreewaldidylle. Leichte Sommerbrise, sattes Grün. Ein Reiher begrüßt uns, ein Eisvogel huscht durchs Geäst . . . Und ein Kahnfähr-„Lehrling“ übernimmt das Ruder. Im übertragenen Sinn.
Denn im Spreewald stakt man mit dem Rudel. „Das hier ist 4,20 Meter lang und aus Eschenholz. So ist es schön biegsam“, erklärt Yvonne Huber. Sie demonstriert noch einmal den Einsatz, dann bin ich dran. Rudel ins Wasser, vom Boden leicht abstoßen. Soweit die Theorie. In der Praxis ist es etwas anders. Schwerer nämlich. Das beginnt schon beim Eintauchen. „Nicht direkt unterm Kahn einstechen. Sonst machen wir Stabhochsprung“, scherzt Jörg Tschirschke. Aha. Dann also weiter hinter ansetzen. Klappt beim zweiten, dritten, vierten Mal ganz gut. Es geht vorwärts, aber leider auch Richtung
Ufer. „Einfach mit dem Rudel leicht gegensteuern“, erklärt Yvonne Huber und gibt den entscheidenden Tipp: „An der Kahnspitze sehen Sie immer, wohin sie lenken müssen.“ Kapiert. Dann voller Fokus auf die Spitze. Rudel ins Wasser,
leicht abstoßen. Wieder gegenlenken. „Das ist einfache Physik“, lächelt meine „Ausbilderin“. Einfache Physik zum Glück. Das krieg‘ ich hin. Obwohl es in der Schule nicht meine Stärke gewesen ist. Aber das nur nebenbei … Denn auf dem Kahn mache ich es mit Motivation wett.

Ein Baum kommt näher

Upsi, da war der Baum. Aber auch diese Situation wurde beim Kahnfahr-Test bestanden.

Spreewald ahoi! Jörg Tschirschke verrät: „Ein leerer Kahn ist schwerer zu lenken, als ein voll besetzter, der durch die Masse eher träge ist.“ Heißt für mich: Ein voller Kahn ist Bundesliga, ein leerer Champions
League. Also fahre ich Champions League. Obwohl, das ist eher Ansichtssache. Zumal man auch da schnell „baden gehen“ kann. Wenn man nämlich nicht voll konzentriert ist. So wie ich gerade. Ein Baum kommt immer näher. Ich werde leicht nervös. Und nun? Zum Glück ist Yvonne Huber da: „Nehmen Sie einfach das Rudel hoch. Wir fahren unter den Ästen durch.“ Gesagt, getan. Soviel zum Thema Champions League. Bis dahin ist’s bei mir noch ein weiter Weg . . .
Denn die Königsklasse fährt zudem gaaaaaanz ruhig. „Die große Kunst ist es, das Rudel möglichst lautlos und ohne Geräusche einzutauchen, um die Idylle bei einer Kahnfahrt nicht zu stören“, meint Yvonne Huber. Nach unserem Platzwechsel zeigt sie, wie es geht. Und ganz ehrlich: Das ist Königsklasse.
Kahnfähr-Königsklasse. Auch im Entertainment-Bereich.

Gute Wertung: 2 plus

„Bei unseren Fahrten erzählen wir unseren Gästen viel über die Natur, die Landschaft, die Tierwelt und die eine oder andere Spreewälder Sage“, erklärt Jörg Tschirschke, während unsere Fahrt weitergeht. Und ich möchte wissen: „Wie wird man Kahnfährmann oder Kahnfährfrau?“ Die Antwort im Schnelldurchlauf: 100 beglaubigte Praxisstunden auf dem
Wasser, theoretische und praktische Prüfung beim Landesschifffahrtsamt. Dann gibt’s bei erfolgreichem Bestehen den „Führerschein“. Ich habe zumindest heute meine erste Prüfung absolviert. Und wie war’s, Frau Huber? „Ich gebe Ihnen eine 2 plus. Sie haben das schon ganz gut gemacht.“ Tja, das sehe ich auch so … 🙂
Obwohl ich natürlich zugeben muss: Die Experten haben’s richtig perfekt drauf. Denn so eine Kahnfahrt ist eine ganz schöne Herausforderung. Selbst, wenn es bei den Profis immer so kinderleicht aussieht …

 

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