Rückblick LR auf Tour 2019: Raubritter Uli ruht im Verließ vom Lubwartturm

Rückblick LR auf Tour 2019: Raubritter Uli ruht im Verließ vom Lubwartturm Single
Den und viele andere Kultur- und Gaumengenüsse erlebten die Radler bei einer Tour rund um Gut Saathain
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Saathain. „Das ist unser Uli“, sagt Ralf Uschner recht emotionslos, als alle im Lubwartturm von Bad Liebenwerda erschreckt in die Tiefe gucken. „Wir haben auch eine Leiche im Keller.“ Was sie dort sehen, lässt die Besucher gruseln: Unten liegt ein Totenkopf, das Skelett des Körpers ist offensichtlich mit einer Decke verhüllt. „Unser Uli“ heißt vollständig Ulrich von Rammelshayn, seines Zeichens Raubritter in Liebenwerda, der, so erzählt man sich, sein Unwesen in Liebenwerda getrieben hat. Wahr ist: Den Mann hat es um 1384 tatsächlich auf der Burg gegeben. Die Geschichte um ihn ist allerdings eine Sage, erklärt der Historiker. Das Skelett ist dort erst vor ein paar Jahren dort abgelegt worden – vor allem der Kinder wegen, die allein deshalb gern in den Lubwartturm kommen. Nur eine von vielen Geschichten einer interessanten Radtour der Lausitzer Rundschau.

Herrliche Deckenmalerei in der alten Fachwerkkirche von Saathain, eine kurzweilige Naturfahrt auf dem Damm entlang der Schwarzen Elster, einen Aufstieg zum mehr als 31 Meter hohen Lubwartturm in Bad Liebenwerda. Von oben aus einen weiten Blick in alle vier Himmelsrichtungen in die weite Landschaft – und bis hinunter ins Turmverließ, wo eben dieses Skelett liegt – der Sage nach das von Raubritter Ulrich von Rammelshayn. Unterwegs ein leckerer Gaumenschmaus und am Ende noch ein echter Hörgenuss. Das erlebten die Radler, die bei ihrer LR-Tour das Elbe-Elster-Land rund um Gut Saathain erkundeten.

Andrea Schadow war die Kleinste in der Truppe. Sie durfte mit einem Riesenschlüssel die Tür zum Lubwartturm öffnen, bevor es über zum Teil enge Holztreppen steil in die Höhe ging. Vergleichsweise dennoch bequem, denn früher war der Eingang in etwa zwölf Metern Höhe an der Ostseite des Turms, wie Ralf Uschner vom Kreismuseum erklärte. Die oberen Etagen waren damals nur über Leitern und Stege erreichbar. Unterhalb des Einganges lag das Verlies, wer hier im Kerker schmachten musste, wurde über eine Seilwinde durch das Angstloch herabgelassen – nachdem aus ihm im benachbarten Marterkeller das Geständnis herausgepresst wurde. Die Zeiten haben sich geändert – das Gewölbe ist heute ein Restaurant (das leider geschlossen ist und einen Betreiber sucht), wo noch ein Stück Schlossmauer von der früheren Burg kündet. Nur das Skelett vom Raubritter erinnert im Lubwartturm, einzig erhalten gebliebenes bauliches Zeugnis der früheren Burg, noch an diese Gruselgeschichten.

Ralf Uschner erzählte spannende Episoden aus der mehr als 800-jährigen Geschichte des Turms, der 1207 als Bergfried entstand. Kurfürst August ließ von 1568 bis 1579 an der Stelle ein prächtiges Renaissanceschloss errichten. Von der Pracht war nichts mehr übrig, als zuerst am 26. April 1699 ein Blitz im Lubwartturm einschlug und danach die Turmspitze abgetragen werden musste – noch heute sind Rußspuren an den Steinen zu sehen. Ein weiterer Brand am 26. April 1733 verwüstete das gesamte Schloss, das nie wieder aufgebaut wurde. Teile der Schlossruine wurden (und werden) weiter als Amtsgericht genutzt. Weil sich Beamte hier von der Ruine des Lubwartturms gestört fühlten, forderten sie 1907 den Abriss. Doch die Bürger der Stadt verhinderten das – unter der Führung des Kreisbaumeisters wurde der Turm gerettet. Die Stadt Liebenwerda kauft ihn 1913 für eine Reichsmark pro Quadratmeter Grundfläche, also für 86 Mark. Nach der Wende ist der Lubwartturm aufwändig saniert und die fünf Etagen für Besucher zugänglich gemacht worden – allerdings ist bei einer Variantendiskussion aus Kostengründen auf den Nachbau der originalen Turmspitze verzichtet worden.

Anschließend genossen die Radler eine ganz andere, die grüne Seite der Kurstadt. Unter den Schatten spendenden alten Bäumen im Kurpark – die älteste Steineiche hat immerhin sechs Jahrhunderte in ihrem Holz, sie ist sechs Meter im Umfang. Der Preußen-König hat 1830 den Auenwald neben der Schwarzen Elster der Stadt geschenkt, ihm zu Ehren steht noch heute ein Denkmal im Park. Das frühere prachtvolle Landratsamt und die Landratsvilla am Rande des Wäldchens, wie die Bewohner zu der grünen Oase sagen, zeugen auch von der einstigen staatlichen Macht, die im heutigen Bad Liebenwerda herrschte – heute wohnen hier Senioren.

Wie das Elbe-Elster-Land schmeckt, das konnten die Radler zuvor bei einem Picknick erleben. Doreen Hoffmann vom Förderverein Gut Saathain hatte zu einem außergewöhnlichen Mittagsmahl im Kurpark eingeladen. Das frische Brot war mit Kräuterbutter und Bohnenkraut, mit Zwiebeln und Frischkäse bestrichen. Dazu gab es leckere Rosenbowle. Und Doreen Hoffmann erklärte dazu, wie sie die ansetzt: Man nehme die Blätter von sechs Rosen – aber es müssen Duftrosen sein – gieße Weinbrand darüber und gebe Würfelzucker dazu, lasse alles gut verschlossen und kühl über Nacht ziehen. Am nächsten Tag kommen zu gleichen Teilen Rotwein, Weißwein und Sekt dazu. Lecker, lecker – schwärmten die Teilnehmer, die bei Temperaturen von über 30 Grad gern das frische und aromatische Getränk genossen. Selbstverständlich kommen die Blumen vom herrlichen Rosengarten im Gut Saathain.

Hier begann und hier endete wieder die nur knapp 20 Kilometer lange Radreise, aber vollgepackt mit kulinarischen, kulturellen Erlebnissen und Ausflügen in die Historie. Joachim Pfützner, der langjährige Vorsitzende des Fördervereins, erzählte von der wechselvollen Geschichte des früheren Rittergutes und der Fachwerkkirche – die zu DDR-Zeiten mal Lagerhalle war und, als sie baufällig wurde, abgerissen werden sollte, doch dann noch vor der Wende ihre alte Schönheit mit den vielen Wandmalereien zurück bekam. Inzwischen ist Gut Saathain längst zu einer kulturellen Hochburg im Elbe-Elster-Kreis und eine Adresse für Kulturgenießer auch aus ganz Brandenburg und auch aus Sachsen und Berlin geworden, wo im Festsaal allein in diesem Jahr 15 öffentliche Veranstaltungen, vor allem Konzerte und Theateraufführungen, aber auch zahlreiche private Feiern stattfinden.

Gegenwärtig wird hier noch bis zum 15. September eine Fotoausstellung unter dem Motto „GUT & SCHÖN“ gezeigt – Bilder von Laienfotografen aus unserer Region mit Motiven aus der Region. Eine Jury hat nach einem Wettbewerb unter 120 Einsendungen einige ausgewählt und von denen den besten ausgezeichnet. Das Siegerbild von Michaele Sollanek zeigt eine Reiterin auf einem Pferd, die 44-Jährige nennt es Freiheit. Ein Blickfang auch die Bockwindmühle in Elsterwerda, fotografiert von Chris Jüttner.

Joachim Pfützner informierte über die nächsten Pläne des Fördervereins: Ab dem 29. September soll in der Kirche wieder eine Orgel erklingen – ein 35000 Euro teures neues Stück kommt aus Rumänien, damit auch hier Konzerte stattfinden können. Geplant ist weiter eine Klimaanlage im Festsaal. Danach, so spielt der 71-Jährige mit dem Gedanken, will Pfützner nach mehr als zwei Jahrzehnten den Vorsitz in jüngere Hände zu geben.

Auch ohne die neue Klimaanlage war das Finale der Radfahrt, die erst nach zehn Stunden zu Ende ging, ein Genuss. Die letzten beiden Stunden lauschten die Teilnehmer der Musik von Micha Winklers Hot Jazz Band aus Dresden. Bei bekannten Ohrwürmern, wie dem Saint Louis Blues, fühlte man sich in die amerikanische Jazzwelt von New Orleans versetzt, bei Glory, Glory, glory, hallelujah oder Hallo kleines Fräulein wurde sogar mitgesungen. Am 20. Oktober singen waschechte Berliner Songs von den Comedian Harmonists über Berliner Gassenhauer, Rio Reiser bis hin zu Seed und Sido. Am 11. November kommt der Dresdner Theaterkahn mit dem Kabarettstück „Das Faultier im Dauerstress“ nach Gut Saathain. Die Lausitzer Rundschau lädt in diesem Jahr zu weiteren Radtouren, so nach Bad Liebenwerda (14. September), nach Sonnewalde (21. und 28. September) und in den Rosengarten Forst (28. September) ein.

Für Steffen und Angela Fuchs aus Cottbus, sie hatten mit 90 Autokilometern die weiteste Anreise, steht jedenfalls fest: „Wir nehmen wieder an einer LR-Radtour teil.“ Nach Radurlauben in England und den Niederlanden erkundet das Ehepaar, das noch berufstätig ist, gern auch die nähere Umgebung. „Eigentlich wollten wir an dem Tag die Lieberoser Heide erkunden, aber die blüht nächste Woche auch noch. Wir haben uns kurzfristig für den Elbe-Elster-Kreis entschieden, den wir so noch nicht kennen. Wir haben es nicht bereut“, schwärmen die beiden Fuchses.

 

Autor: Dieter Babbe

 

Tipp

Haben Sie Lust bekommen, mit auch mal mit LR auf Tour zu gehen? Wo es noch hingeht, erfahren Sie unter Urlaubsreich.de/lrauftour