Rückblick LR auf Tour 2019: Schockierendes Bild am Lugkteich

Rückblick LR auf Tour 2019: Schockierendes Bild am Lugkteich Single
Ein Teich, der keiner mehr ist/Revierförster Quitter: “In 41 Jahren so etwas noch nicht erlebt“
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Sonnewalde. Mehr als 20 Radler, die der Einladung der Lausitzer Rundschau zu einer Radtour rund um Sonnewalde gefolgt sind, stehen erschüttert am Ufer vom Lugkteich – der kein Teich mehr ist. Der mit 70 Hektar größter Fischteich des Naturparks Niederlausitzer Landrücken ist vollkommen ausgetrocknet. „Ein schockierender Anblick. Seit 41 Jahren bin ich hier Förster – so etwas habe ich noch nicht erlebt“, gesteht auch Fritz Quitter  und lässt seinen Blick über den Teich schweifen, über den gerade Spaziergänger wandern.

Tausende tote Fische liegen im längst ausgetrockneten und harten Schlammboden, den man ohne Angst abzusinken betreten kann. Dazwischen wie gesät unzählige abgestorbene Muscheln. „Voriges Jahr war schon wenig Wasser im Teich, in diesem Jahr ist er völlig trocken. Damit ist auch die reiche Tier-, vor allem Vogelwelt, die hier sonst in Dutzenden Arten nistet oder rastet, verschwunden“, bedauert Fritz Quitter das zunehmende Artensterben im einstigen Naturparadies.

Und so kann Monika Gierach, die Rangerin im Naturpark Niederlausitzer Landrücken, den Radlern nur Fotos von Vögeln zeigen, die hier sonst leben oder beim Durchziehen halt machen. So sind auf dem Lugkteich in manchen Jahren bis zu 600 Singschwäne anzutreffen, die meisten fliegen nach Spanien weiter, viele überwintern aber auch hier. Die Mandarinenenten, Haubentaucher, die Uferschnepfen, der Fisch- und sogar der Seeadler, Stock- und Schellenten, Brachvögel – keine dieser Vogelarten sind mehr zu sehen. Die Nilgänse sind ebenso verschwunden, sie werden aber von den Naturschützern nicht so sehr vermisst, weil sie Storchenhorste besetzen und Adebar, unseren Wappenvogel, damit vertreiben, wie Monika Gierach berichtet. Auch die Flussseeschwalbe brütet nicht mehr am Lugkteich – doch das nicht nur wegen der Trockenheit. Der Waschbär treibt auch hier sein Unwesen und räubert die Nester aus, frisst die Eier, aber auch die Jungtiere. „Die Flussseeschwalbe und andere Vögel finden so keine Brutplätze mehr. Deshalb wollen wir Brutinseln im Teich einrichten, die so geschützt sind, dass Waschbären nicht auf die Inseln können.“ Revierförster Quitter hat in nur einer Saison mit zwei Fallen 80 Waschbären gefangen, er vermutet um den Lugkteich herum weit mehr als 100 Tiere, die dreimal im Jahr bis zu acht, ja zwölf Junge bekommen können.

Plötzlich eine kleine Sensation: Ein Vogelschwarm fliegt doch über den Lugkteich und landet in der Mitte. Monika Gierach blickt durch ihr Fernrohr und erkennt Kiebitze, die im trockenen Teichboden nach Nahrung suchen. Die Rangerin will der Naturkatastrophe aber auch etwas Positives abgewinnen: „Die Austrocknung des Lugkteiches haben auch andere Räuber nicht überlebt: die vielen Zwergwelse.“ Wie gesät liegen sie am Uferboden, vom trockenen Schlamm konserviert. Aus Amerika bei uns ursprünglich als Zucht- und Zierfisch eingeschleppt, ernähren sich die Zwerg- oder Katzenwelse auch vom Laich anderer Fische, und gefährden so ihren Bestand. Doch Fritz Quitter ist sich sicher: „Wenn der Lugkteich mal wieder Wasser hat, sind auch die Zwergwelse wieder da. Enten bringen den Laich in ihrem Gefieder mit. Ungeziefer vermehrt sich immer am besten.“

Monika Gierach will den Grund für den ausgetrockneten Lugkteich nicht allein im Klimawandel suchen. „In den Jahren 1590, 1600, 1610, 1618 und 1989 hatten wir genau dieses Bild vom Teich wie heute“, hat die Rangerin in den Chroniken gefunden, „es hat also schon immer Hitzeperioden gegeben, die große Auswirkungen auf die Natur hatten“. So bleibt die Hoffnung, dass auch im Lugkteich das Wasser und damit auch die vielen Vögel zurückkehren werden.

Auf dem Weg von Sonnewalde aus zum Lugkteich machen wir mitten im Wald kurz halt. Hubert Schade, der Vorsitzende vom Förderverein Museum und Schlossareal Sonnewalde, verweist auf eine Stelle, wo einst das Dorf Schadow stand, das noch auf Karten aus dem Jahre 1756 eingezeichnet war. Nach 1900 sind bei Grabungen zahlreiche Siedlungsreste gefunden worden. Ein bis heute erhalten gebliebener Brunnen ist inzwischen allerdings verdeckt. „Wild ist in den zwei Meter breiten Brunnen gefallen und jämmerlich gestorben“, erklärt Revierförster Quitter. Er berichtet von einem toten Wildschwein, das er hier herauszog, und von einem Hirsch, der den Zaun durchbrach, in den Brunnen fiel und hier starb.

In Sonnewalde, dem Startort, zurückgekehrt ist Hubert Schade in seinem Element. Der Leiter des Heimatmuseums führt durch die vielen Räume im Vorderschloss und erzählt viele Geschichten, vom einzigartigen erhalten gebliebenen Portal, von den Grafen Solms, wie das Hauptschloss im Jahre 1947 Feuer fing und – vermutlich durch Brandstiftung – total ausbrannte. An einer Ahnentafel sind etwa 30 Sonnewalder in Wort und Bild vorgestell, die sich in irgendeiner Weise Verdienste um die Stadt erworben haben. Johanna Stief, mit 83 Jahren die Älteste in der Radlertruppe, erkennt ihren Großvater wieder: „Richard Meißner musste von Sonnewalde zu Fuß nach Luckau, wo er Fleischer gelernt hat“, erzählt seine Enkelin. 1898 habe ihr Opa die Fleischerei und Gaststätte „Prinz von Preußen“ in Sonnewalde übernommen. Eine Gaststätte, die inzwischen leider geschlossen ist. Auch die „Marktschänke“, die letzte Lokalität in der Schlossstadt, ist nur noch auf Bestellung geöffnet – obwohl hier die leckere Krautroulade noch für ganze 7.50 Euro serviert wird, wie die Radler sich über den niedrigen Preis wundern.

Wer die interessante Radtour von nur 20 Kilometer in sechs Stunden rund um Sonnewalde und durch die Dörfer Zeckerin, Kleinkrausnik, Friedersdorf und Brenitz verpasst hat, kommenden Sonnabend ist noch einmal Gelegenheit, daran teilzunehmen. Dann wird die Radfahrt in umgekehrter Richtung wiederholt. Interessenten sollten sich bei der Lausitzer Rundschau anmelden: 0355 481555.

Dieter Babbe