Von der Begeisterung, Menschen zu begeistern
Überhaupt keine Frage. „Für mich gibt’s nichts Schöneres. Ich liebe unsere Spreewaldregion mit ihrer einzigartigen Natur und ihrer begeisternden Geschichte. Das sind echte Schätze“, lächelt Gisela Christl. Wir treffen „Spreewald-Christl“ im Wendischen Bauernhof, direkt auf ihrem Grundstück in Lübben (Spreewald). Dort, wo sorbisch-wendische Geschichte bewahrt wird. Dort, wo sie erlebbar wird. „Witajso knam lube gósce. Willkommen bei uns, liebe Gäste“, begrüßt uns die Gastgeberin. Es gibt Kuchen, Kaffee – und viel zu erzählen. „Früher bin ich die Blumen-Christl gewesen, denn nach der Wende habe ich mehrere Floristikgeschäfte in Lübben und Lübbenau betrieben. Als sich dann mein Körper gemeldet hat, musste ich die Tätigkeit schweren Herzens beenden“, blickt sie zurück. Halbtags arbeitet sie weiter bei einem Bildungsanbieter, ist zudem offen für neue, spannende Herausforderungen. In ihrer Freizeit engagiert sie sich schon seit Jahren im Spreewaldfrauenchor Lübben. Gisela Christl: „Dann kam die Anfrage vom Tourismusbüro. Jemand war ausgefallen und es wurde Ersatz gesucht. ‚Sie könnten doch ihre Tracht anziehen und das übernehmen!‘ Da habe ich gern zugesagt.“ Im Sommer 2005 leitet sie ihre erste Führung. „Na klar bin ich bei der Premiere entsprechend nervös gewesen“, gibt die Lübbenerin schmunzelnd zu und ergänzt: „Zum Glück wusste ich anfangs nicht, dass unter den Besuchern auch ein früherer Landrat gewesen ist. Sonst wäre ich wohl noch aufgeregter gewesen.“ Das Wichtigste aber an diesem Tag: Alles läuft prima. Ein guter Start, der die Begeisterung endgültig weckt. Die Begeisterung, Menschen zu begeistern.
Nicht nur Zahlen
„Ich habe mir über die Jahre immer wieder neues Wissen rund um die sorbisch-wendische Kultur angeeignet, sogar die sorbische Sprache gelernt, um die Führungen so lebendig und authentisch wie möglich zu gestalten. Schließlich wollen die Gäste nicht nur Zahlen wissen. Viel mehr kommt es auf die Mischung aus Fachwissen und lustigen Anekdoten an“, weiß Gisela Christl, die auch Mitglied im Bundesverband Deutscher Gästeführer e.V. ist. Zweimal hat sie sogar schon im ZDF-Spreewaldkrimi als Komparsin mitgewirkt. Also, wird jetzt das Filmgeschäft erobert? „Nein, nein, nein“, lacht sie. Und weiter: „Natürlich habe ich alle Spreewaldkrimis gesehen.
Aber weil ich als Komparse dabei war, kann ich den Besuchern bei unserem beliebten Krimi-Rundgängen viele Hintergründe quasi aus erster Hand vermitteln.“ Neben dem Krimirundgang in Lübbenau nimmt „Spreewald-Christl“ ihre Gäste selbstverständlich auch auf weitere Themenführungen mit. Mal geht’s zu den Spreewälder Sagenfiguren, mal ist man „Auf den Spuren der Sorben“ unterwegs. Aber immer ist’s ein Erlebnis – garantiert. Die Gästeführerin: „Ich bereite mich akribisch vor, schreibe selbst die Texte zu den Programmen. Diese beginnen schon mit dem Anlegen der Tracht, da bin ich voll fokussiert und konzentriere mich auf diese spezielle Gruppe und auf den Inhalt des nächsten Programms. Später, wenn ich das große Interesse der Besucher an unseren Traditionen, den vielfältigen Trachten, den Bräuchen und unserer Geschichte spüre und merke, dass ich sie berührt habe, ist es unbeschreiblich schön.“
Großer Beliebtheit erfreuen sich zudem ihre Veranstaltungen im Wendischen Bauernhof. Hier erleben die Besucher unter anderem, wie der „Spreewald schmeckt“. Dass dabei die Spreewaldgurke im Fokus steht, verwundert nicht wirklich. „Beim Gurkenseminar gibt’s da neben viel Wissenswertem natürlich entsprechende Kostproben“, weiß Gisela Christl. Oder eben „Spreewald-Christl“. So wie sie unzählige Besucher unserer Region nun schon seit Jahren kennen.
Das kleine Spreewaldvölkchen
von Gisela Christl, 2013
Hinter einem Busch ganz dicht, sitzt da nicht ein kleiner Wicht? Schau ich aber ganz genau, seh ich Kinder noch und Frau. Lutki – nennt man die kleinen Wesen, sind sie schon immer dagewesen? Ja, unter der Erde haben sie ihr Haus, da sieht es wie bei den Menschen aus. In den winzgen Stübchen ist es fein, denn sie sind fleißig und recht rein. Ist man leise – hört man sie scherwerkeln und mit Tongeschirren scherkeln. Hilfst du nem Lutki, hast du Glück als Dank, da schenkt er dir ein Stück. Denn sie leihen sich nen Backtrog aus und bringen Dir ein Brot ins Haus. Sie spielen, singen, tanzen gerne, das hört man schon aus weiter Ferne. Die Zipfelmützen fliegen hin und her Ja, Musik – die lieben sie doch sehr. Stört sie nicht, die kleinen Wichte, unter den Wurzeln der großen Fichte. An ganz geheimnisvollem Platz hüten sie manch goldenen Schatz.