Rückblick LR auf Tour 2019: Weltgeschichte im kleinen Burxdorf

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Wo der schlimmste aller Kriege mit einem Schwur zu Ende ging/LR-Radfahrt durch die Dörfer der Grünen Heide
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Bad Liebenwerda.  Die Radlertruppe steht in Burxdorf vor einem schlichten Haus. Hier ist am 25. April 1945 Weltgeschichte geschrieben worden. „Soldaten der Roten Armee und der US-Armee trafen sich hier – und nicht in Torgau, wie immer behauptet wird – das erste Mal auf deutschem Boden und feierten in diesem Haus ausgiebig den Sieg über den Hitlerfaschismus. Soldaten beider Armeen reichten sich die Hände und legten bei einem ,Schwur an der Elbe` das Versprechen ab, der Menschheit fortan Kriege zu ersparen.“, erklärt Frank Niesar. Der Ortsvorsteher erinnert in dem Zusammenhang auch an Joseph Polowsky, ein Russisch sprechender US-Soldat, der in Burxdorf weltberühmt wurde, weil er zwischen den Armeen vermittelte und bis zu seinem Tode als Friedensaktivist tätig war.  Ein paar Meter weiter sind die Kriegsspuren noch sichtbar: Gleich am Eingang zu Friedhof und Kirche befindet sich das Grab eines  unbekannten deutschen Soldaten, der zwei Tage vor Kriegsende von einem sowjetischen Panzer überrollt wurde.

„Jedes unserer Dörfer hat eine eigene Geschichte und besondere  Sehenswürdigkeiten“, schwärmt Elke Hainke in Möglenz, der ersten Station einer mehr als 20 Kilometer langen Radfahrt durch die „Grüne Heide“.  Die agile Frau, bis vor kurzem elf Jahre lang Ortsvorsteherin, erzählt vom Götterbaum, vom Amberbaum,  der Schwarzen Maulbeere und anderen Baumraritäten auf dem Lehrpfad, der mit den Kindern des Dorfes angelegt wurde. Kinder spielen in Möglenz ohnehin eine große Rolle: Von den 320 Einwohnern sind 180 im Sportverein aktiv, dort gibt es allein vier Kindermannschaften. Vor Jahren, als die Kita geschlossen werden sollte, starteten Eltern eine Rettungsaktion, gründeten einen Verein, der fortan das „Schwalbennest“ betreibt. „Im Gründungsjahr 2008 fingen wir in der Kita mit vier Kindern an, jetzt sind es 30“, freut sich Elke Hainke.

Nächste Station Saxdorf.  „Wir haben schon viel über den berühmten Pfarrgarten in der Lausitzer Rundschau gelesen. Jetzt wollten wir ihn endlich mal persönlich kennenlernen“, sagten sich Karin und Lothar Lischke. Die beiden hatten von allen mehr als 20 Radlern die weiteste Anreise aus der Rosenstadt Forst. „141 Kilometer eine Strecke. Doch allein der Pfarrgarten war die lange Reise wert“, stellen Lischkes nach dem Besuch fest.  Rainer Stabroth, seit einem ersten Besuch vor mehr als 30 Jahren in den herrlichen Garten verliebt, ist als jetzt Rentner vor allem für die Führungen zuständig. Vor genau 51 Jahren begannen der Künstler Hanspeter Bethke, der im vorigen Jahr leider verstarb, und der Pfarrer Karl-Heinrich Zahn, der kürzlich 80 Jahre alt wurde, den Pfarrgarten zu gestalten. Zu den zwei Kirschbäumen, die damals schon auf einer Wiese standen, sind rund 3000 Pflanzen und Bäume auf einer Fläche von 7000 Quadratmetern dazugekommen. Berühmt ist der Garten durch seine historischen Rosen, die ältesten kannten bereits die Ägypter vor 2000 Jahren. Dazwischen leuchtet der immergrüne Bambus in fast 60 verschiedenen Arten, ein Blickfang auch die große Kakteensammlung. „Zu jeder Jahreszeit sieht es hier anders aus. Man kann gut einen halben Tag im Garten verbringen“, verweist Rainer Stabroth auf die vielen Sitzmöglichkeiten – und zeigt auf die herrliche Blüte einer Pfeifentrichterwinde, die sich wie Stoff anfasst. Im Jahre 2022, wenn in Torgau die Landesgartenschau stattfindet, soll der Pfarrgarten in Saxdorf eine Besucheradresse werden. „Dabei wissen wir noch nicht, wie es in Zukunft mit dem Pfarrgarten weitergeht“, gesteht Rainer Stabroth. Dem Trägerverein schwebt vor, das einzigartige  Naturparadies unter Denkmalschutz zu stellen, eine Stiftung zu gründen, um so einen Gärtner und zwei Beschäftigte über Spendengelder bezahlen zu können.

Und was gibt es denn schon in Langenrieth Besonderes, wo nur 120 Menschen leben?  Eine schmucke  Kirche, einen kleinen Dorfteich, ein  altes Gutshaus, viel ländliche Idylle  – und eine alte Sage. Damit schlägt man im kleinsten Bad Liebenwerdaer Ortsteil den Bogen zur großen Weltpolitik. Ein Reiter Hannfried habe während der Schlacht bei Mühlberg bei seinem „langen Ritt“, so soll das Dorf zu seinem Namen gekommen sein,  einen Reitstiefel verloren, den seine Feinde fanden und so auf die Spur von Hannfried kamen. Während Ortsvorsteher Jan Fromm diese Geschichte erzählt,   bewirten seine Frau Katrin und Heike Nixdorf in mittelalterlicher Kluft die Radler am hölzernen Stiefeldenkmal mit Wein und Gebäck. Alle zwei Jahre wird in Langenrieth ein Dorffest gefeiert, bei dem auch an den sagenhaften Reiter Hannfried erinnert wird.

Mit Herzblut führt Christiane Böhm durch die Kirche von Burxdorf. „Unsere Kirche ist nach 1200 erbaut worden und eine der ältesten Kirchen in der Region, älter als das Kloster von Mühlberg“, sagt das Gemeinderatsmitglied nicht ohne Stolz. Beim Rundgang verweist sie auf die Verzierungen am Backsteingiebel und auf die Fenster, die als nächstes restauriert werden sollen, und im Inneren auf den herrlichen Altar mit den geschnitzten Holzfiguren. Sie bittet die Radler, auf den Bänken Platz zu nehmen und der hektischen, politisch unruhigen Zeit für einen Moment die Stille zu genießen und die Gedanken schweifen zu lassen.

Anschließend geht es weiter über Neuburxdorf zu den Rauten, dem Moorgebiet. Hier kennt sich Manfred Knispel, hier der Anführer der Radlertruppe, bestens aus. „Früher konnten wir als Kinder hier baden und im Winter Schlittschuhlaufen. Inzwischen ist das Moor fast ausgetrocknet und nur noch eine kleine Pfütze übrig, man kann fast durchgehen“, sagt der Neuburxdorfer. Wir machen halt an den Klanghölzern, an einer Stelle, wo Fußabdrücke in Stein über die einzelnen Waldbewohner informieren und ein besonderes Waldtelefon installiert ist – über ein Rohr kann man sich mehrere Meter gut verständigen.

Dann ist Rast am „Weg der Sinne“ an einer Holzhütte mitten im Wald, wo Elke Hainke und die anderen Mitglieder vom Heimatverein Möglenz Kaffee, Kuchen und Schmalzstullen zur Stärkung vorbereitet haben. Maria Göbel vom Landesforstbetrieb, zuständig für das Revier Elsterwerda, informiert die Radler über die derzeit schlimme Situation im Wald, wo die Bäume durch die lange Trockenheit und den enormen Schädlingsbefall gestresst, viele auch geschädigt und abgestorben sind. Die junge Frau verweist auf eine Baumplantage gleich in der Nähe, wo der Samen der Schwarzkiefer erzeugt wird – die anspruchslos ist und mit nur wenig Wasser auskommt. Ein Baum der Zukunft also für unsere Wälder.

Karin und Lothar Lischke haben den weiten Weg mit dem Auto aus Forst nach Bad Liebenwerda nicht bereut. „In dieser Ecke von Brandenburg waren wir das erste Mal. Und wir kommen wieder – dann aber dann mit unseren Vereinsmitgliedern“, steht für die Lischkes fest. Sie singt im 1. Forster Frauenchor und er im Forster Männergesangverein 1832. Und auch Christel Richter aus Tröbitz ist begeistert: „Tolle Organisation, tolles Programm, tolles Wetter – ein Kompliment an die Tourist-Information und an die Lausitzer Rundschau“, lobt die Frau. Bei der Zielankunft in Bad Liebenwerda kommen die Radler gerade recht zum Weinfest in der Kurstadt. Es singt  Papa Joe aus Finsterwalde auf der Marktbühne stimmungsvolle Countrylieder. Christel Richter will noch etwas das Fest genießen, ein Glas Wein trinken und dann die 13 Kilometer nach Tröbitz radeln. Zuvor verrät sie noch: „Kommenden Sonnabend bei der LR-Tour rund um Sonnewalde bin ich wieder mit dabei.“

 

Autor: Dieter Babbe

Tipp

Haben Sie Lust bekommen, mit auch mal mit LR auf Tour zu gehen? Wo es noch hingeht, erfahren Sie unter Urlaubsreich.de/lrauftour